ÜBER UNS.

Die Dr. Rau Stiftung wurde 1989 in der Schweiz von Dr. G. Rau gegründet. Der Philanthrop und Arzt erkannte die dringenden Bedürfnisse der Kinder in der Dritten Welt. Er vermachte sein Vermögen der Stiftung Dr. Rau.

Schulung und Ausbildung von Verantwortungsbewusstsein.

Schulung und Ausbildung von Verantwortungs-
bewusstsein.

Nach dem Start im Jahr 2012 mit einer Rollstuhlwerkstatt wurde das Angebot mit dem Projekt RES (Rehabilitation, Economic Empowerment and Sports) in diverse Richtungen erweitert. Unsere Grundhaltung ist die respektvolle Begegnung auf Augenhöhe.

Geografische Definition.

Grundsätzlich unterstützt die Dr. Rau Stiftung Projekte in Ländern der Dritten Welt. Dazu gehören schwergewichtig zentralafrikanische Länder, Asien und Südamerika. Die Dr. Rau Stiftung legt bei den Vergabungen grössten Wert auf die vollständige Elimination von Korruption und kontrolliert den Geldfluss im Detail. Sie ist in Kriegsgebieten zurückhaltend mit Vergabungen.

UNSERE THEMEN.

Die Stiftung dient der Unterstützung grundlegender Lebensbedürfnisse der unterprivilegierten Bevölkerungsschichten der Dritten Welt, vornehmlich durch Bereitstellung von Mitteln für Kranke, zur Verhütung von Krankheiten, zur Förderung der Familienplanung, der Emanzipation der Frau und des Grundschulwesens.

Im Vordergrund stehen:

Schulung von Grundschullehrer/innen (nach dem «Train the Trainer»-Prinzip).
Schulung von Krankenpfleger/innen.
Schulung von Leiter/innen von lokalen Medizin- und Gesundheitszentren.
Durchführung von Informationskampagnen.
Präventionsmassnahmen für Kinder (Fitness, Yoga, Sport).
Schulung, die jungen Menschen Life-Skills und Soft-Skills vermittelt.

UNSER STIFTUNGSRAT.

Der Stiftungsrat setzt sich aus den folgenden Personen zusammen:

Peter Marti
Unternehmer und Präsident der Dr. Rau Stiftung
Daniel Schlauri
Vize-Präsident und Leiter eines Family-Office
Christoph Glaser
CEO World Forum for Ethics in Business

Corporate Governance.

Die Dr. Rau Stiftung untersteht der Stiftungsaufsicht des Eidgenössischen Departements des Innern. Sie wird durch diese jährlich geprüft. Revisionsgesellschaft ist die Schweizerische Treuhandgesellschaft, 8006 Zürich.

BIOGRAFIE DR. GUSTAV RAU – EIN LEBEN FÜR DIE KINDER UND DIE KUNST.

Dr. Gustav Rau (1922–2002) widmete sein Leben bedürftigen Kindern in Afrika und der Kunst. Der Sohn einer Industriellenfamilie studierte Wirtschaftswissenschaften, um anschliessend in die erfolgreiche väterliche Firma einzutreten. Doch mit 40 Jahren scherte er partiell aus und begann neben der Leitung der ererbten Fabrik ein Studium der Tropenmedizin und Kinderheilkunde. Schliesslich verkaufte Dr. Rau das Unternehmen und widmete sein Leben fortan zwei neuen Leidenschaften – der Kunst und dem Helfen.

Seine einzigartige Kunstsammlung schenkte er der UNICEF, um auch über den Tod hinaus einen Beitrag für die Ärmsten der Armen zu leisten.

Frühe Jahre.

Zunächst sah es ganz so aus, als würde Gustav Paul Ludwig Rau, geboren am 21. Januar 1922 in Stuttgart, in die Fussstapfen seines Vaters Gustav Rau treten, der die Spezialwerkzeugfabrik SWF zu einem erfolgreichen Autozuliefererbetrieb gemacht hatte. Der einzige Nachkomme beschrieb seine Kindheit und Jugend nach Aussagen von Wegbegleitern als glückliche Zeit. Von seiner Mutter Elisabeth, geborene Wieland, Tochter eines Professors für Harfe in Antwerpen, hatte er seine Liebe zur Kunst geerbt. Er besuchte zunächst ein Reform-Realgymnasium, das Abitur legte er 1941 mit Blick auf die väterliche Firma an einer Stuttgarter Wirtschaftsoberschule ab.

1942 folgte der Student der Wirtschaftswissenschaften widerwillig der Einberufung in die Wehrmacht. Wie sein Vater lehnte Rau das Naziregime ebenso ab wie den von Deutschland begonnenen Krieg. Bei erster Gelegenheit werde er desertieren, vertraute er seinem Freund Werner Kohlheim an. Seine Aufgaben als Soldat beschränkten sich auf Büro- und Dolmetschertätigkeiten. 1944 ergab er sich in den Niederlanden der Britischen Armee und kam in Kriegsgefangenschaft.

Nach der Freilassung nahm Gustav Rau 1947 sein Studium wieder auf. Mit einer Dissertation über „Die Herleitung des sozialistischen Eigentumsbegriffs aus den ethischen Postulaten der Freiheit, der Gerechtigkeit und der Gemeinschaft“ promovierte er 1950 in Tübingen zum Dr. rer. pol. Gemeinsam mit seinem Vater leitete er den Autozuliefererbetrieb SWF in Bietigheim, allerdings mehr mit dem Kopf als mit dem Herz. Nach dem Tod seiner Eltern beschritt er ab 1963 mit einem Medizinstudium und der Promotion zum Dr. med. 1970 endgültig seinen eigenen Weg, der ihn zu notleidenden Kindern im Herzen Afrikas führte.

Als Arzt in Afrika.

Sein Vorbild war Albert Schweitzer, den er noch kurz vor dessen Tod in Lambarene besucht hatte. 1972 veräusserte Gustav Rau den elterlichen Betrieb an einen amerikanischen Konzern. Der Verkauf erbrachte 443 Millionen Mark und die Freiheit, einen Lebenstraum in die Tat umzusetzen. 1974 ging Gustav Rau zunächst als Arzt nach Nigeria in das „Sacred Heart Hospital“ in Abeokuta. „Fast nichts lässt sich mit europäischen Verhältnissen vergleichen. Kreislaufkrankheiten scheinen hier nicht zu existieren (auch mein Blutdruck ist schon auf unternormales Niveau gesunken)“, berichtet Rau am 14.9.1974 aus Abeokuta. „Blinddärme, so könnte man meinen, haben die Afrikaner nicht, Dermatosen präsentieren sich auf der schwarz-samtenen Haut ganz anders als auf heller (wir Weisse, insgesamt um die 20 Stück in ganz Afrika mit seinen 100’000 Einwohnern, werden von den Einheimischen als „Menschen ohne Haut“ bezeichnet), Mme. Anopheles sieht jeden in dieser hyperendemischen Region mindestens einmal täglich (so werden Malaria-Prophylaktika hier angepriesen wie bei uns Bier), die Gonorrhoe ist eine Volksseuche, weshalb ektopische Schwangerschaften zum täglichen Brot gehören, die falsche Ernährung spielt eine Riesenrolle bei den Leiden der hiesigen Menschen, die Kindersterblichkeit ist noch riesengross.“

Die Verwirklichung eines Lebensziels.

Dr. Rau wollte lieber selbst „nach eigenen Plänen und mit eigenen Händen“ ein Krankenhaus für die Ärmsten der Armen bauen. Im Osten des damaligen Zaires (heute Demokratische Republik Kongo) wurde sein Traum Wirklichkeit. Beeindruckt durch Berichte über die Berglandschaft des Kivu, kam er im Januar 1977 nach Ciriri, Provinz Bukavu, hoch über dem Kivusee gelegen. 1979 erhielt er die Erlaubnis, dort ein Krankenhaus zu errichten. Die Bauarbeiten begannen 1980, die ersten Gebäude – 4’000 m² überdacht – wurden am 23. November 1983 bei der Eröffnung der Kinderstation vom Gouverneur der Region eingeweiht.

Die Not der Menschen, besonders die weit verbreitete chronische Mangelernährung zu lindern, wurde Gustav Raus Antrieb. Im November 1988 arbeiteten zwei Ärzte, fünf Krankenschwestern, fünf Betreuerinnen und 18 weitere Mitarbeiter für allgemeine Dienste im Hospital. Durchschnittlich wurden 2’000 Erwachsene und Kinder pro Jahr behandelt und 8’000 Menschen täglich mit Nahrung und Medikamenten versorgt. Als der Bürgerkrieg im benachbarten Ruanda ausbrach, stieg die Zahl der Hilfesuchenden zeitweise auf 15’000 an.

Helfen, wo es nur geht.

Im angeschlossenen Ernährungszentrum führte Rau höchst erfolgreich den Kampf gegen den Hunger – schon 1989 galt Mangelernährung in der Region als besiegt. Besonders die Verteilung von Milchbrei für Kinder erwies sich als äusserst wirksam. „Im Umkreis von zwei Stunden Fussmarsch gibt es praktisch keine mangelernährten Kinder mehr, die eine Behandlung im Krankenhaus brauchen“, heisst es in einem Bericht von November 1988.

Die kleinen Patienten blieben zwischen drei und vier Monaten im Hospital, um drei bis fünf Kilogramm zuzunehmen. Zucker war strikt vom Speiseplan verbannt und wurde durch Bananen ersetzt, weil sie nahrhafter sind und lokal produziert werden konnten, selbst in 1’900 Metern Höhe. Ein typisches Tagesmenü sah dann so aus: morgens Maisbrei, gefolgt von Bananen; um zehn Uhr Milch mit Bananen; mittags Standardbrei aus einem Drittel Mais, einem Drittel Bohnen und einem Drittel Gemüse plus Bananen; abends Standardbrei plus Bananen. Schwere Fälle erhielten zusätzlich, je nach individuellen Symptomen, unter anderem einen Flüssigbrei zur Rehydratation. Das Rezept ist in einem Bericht über die Arbeit des Krankenhauses überliefert: 1 kg reife zerstampfte Bananen, gemischt mit 1 l Wasser, plus 7 g Küchensalz, plus 5 g Natronbicarbonat. Viele Patienten litten auch an Wurmerkrankungen (80 %), Malaria (20 %), Anämie (10 %), Austrocknung (4 %) sowie Hautkrankheiten und Bindehautentzündungen.

Um die Situation der Menschen in der Region langfristig zu verbessern, sorgte Rau neben Impfungen für die gesamte Bevölkerung auch dafür, dass 30’000 Kinder zur Schule gehen konnten. Bedürftige Familien erhielten das Schulgeld bis zur sechsten Klasse erstattet. Ausserdem wurden eine Bibliothek und ein Lernzimmer auf dem Krankenhausgelände eingerichtet. Jeden Mittwoch und Samstag wurden Frauen in Erziehungs- und Hygienefragen unterrichtet. Familienplanung war ebenfalls ein Thema. Hilfe fanden auch Diabetiker, für die Rau Insulin zur Verfügung stellte. „Niemand kann sich dieses noch in der Apotheke kaufen, bei den irren Preisen, die dort dafür verlangt werden. Wir geben’s gratis weiter, besonders an jugendliche Diabetiker, die ohne nicht leben können.

Das Krankenhaus in Ciriri heute.

Heute fungiert das Krankenhaus in Ciriri als Referenzhospital für die gesamte Region Südkivu und ist auch für 34 Gesundheitsstationen im Umland zuständig. Rund 215’000 Menschen leben im Einzugsgebiet des 130-Betten-Krankenhauses. 8’500 Menschen werden jedes Jahr ambulant behandelt. Es wird in der Trägerschaft der Erzdiözese Bukavu geführt.

„Langweilig war er nie“.

Trotz seines Wohlstandes lebte Rau zurückgezogen und bescheiden. Hans Kohlheim, dessen Vater mit Rau befreundet war, beschreibt ihn als Mann mit der Statur eines Hünen, impulsiv, schallend lachend, auch mal laut einen Gassenhauer singend und häufig von Unruhe getrieben. Für den einen oder anderen mag er anstrengend gewesen sein, auch wegen seiner Eigenwilligkeit, so der Zeitzeuge. Ohne diese wäre seine Lebensleistung aber kaum denkbar. Bewundert habe er Rau auch für seine Weltläufigkeit und seine Höflichkeit. „Auch Kinder kamen bei ihm zu Wort, langweilig war er auch für sie nie.“

Prunk und Protz waren dem Humanisten zuwider. Einen Luxus leistete er sich dennoch: Er sammelte Kunst. Bei Museumsbesuchen mit seinen Eltern war seine Liebe zur Malerei geweckt worden, besonders holländische und flämische Meister sowie Skulpturen hatten es ihm angetan.

1958 legte er den Grundstein für seine eigene Sammlung und erstand im Stuttgarter Kunsthaus Bühler sein erstes Gemälde: „Die Köchin“ des niederländischen Malers Gerard Dou. Das Sammlervirus hatte ihn gepackt. Von seinem Krankenhaus in Ciriri aus reiste er zu Auktionen in Paris, London und New York. Nach und nach entstand eine der aussergewöhnlichsten Privatsammlungen der Welt. Mindestens 2’200 Kunstobjekte erwarb Gustav Rau im Laufe der Jahre – viele davon verkaufte er wieder, wenn er Geld für seine Arbeit in Afrika brauchte oder bestimmte Sammlungsgebiete ihn nicht länger interessierten.

Die Menschen gehen immer vor.

Im Zollfreilager Embraport, nahe des Züricher Flughafens, lagerten seine Bilder in einem unterirdischen Tresorraum, jahrelang verborgen vor den Augen der Öffentlichkeit. Den Gedanken, ein Museum in Marseille – dem „Tor zu Afrika“ – zu bauen oder wenigstens eine Ausstellungshalle im schweizerischen Embrach, gab Rau wieder auf, um weiter helfen zu können.

„Am 1.1. habe ich hinsichtlich des Weitergangs der Dinge in Marseille und Embrach eine endgültige Entscheidung getroffen“, schrieb er am 4.1.1990 aus Bukavu an seine Vertrauten. „Als es draussen stürmte und regnete, alles bei einer Affenkälte, und als wir wieder rund 10’000 Auswärtige zum Essen (neben unseren stationären Patienten) hatten, das täglich zwischen 6 h und 16.30 h ausgeteilt wird (gekocht wird 24 Std./24.Std), nämlich dahingehend, dass ich alle Arbeiten in Marseille einstelle und den gesamten Kunstschatz verkaufe, um den Erlös den Menschen hier (oder anderswo in der 3. Welt) zur Verfügung zu stellen, möglichst noch zur Zeit meines Lebens. Wenn ich anders handelte, würde ich mich schuldig fühlen.“ Und er setzte noch hinzu: „Ich würde den ganzen Rest meiner Tage ein schlechtes Gewissen haben, ist die Not doch hier schlichtweg unbeschreiblich.“

Jenseits von Afrika.

Seine eigene Krankheit und der Bürgerkrieg im Kongo machten es Gustav Rau unmöglich, länger in Afrika zu bleiben. Am 12. Januar 1991 schrieb er: „Das Zigeunerleben (zwischen Afrika und Europa, zu dem ich infolge einer existentiellen Lebensentscheidung gezwungen bin) möchte ich nicht ohne zwingenden Grund fortsetzen. Bei meiner Rückkehr nach Bukavu habe ich eine katastrophale Situation vorgefunden. Die Preise klettern wie verrückt. In der Stadt wundert man sich, dass wir noch mithalten können mit unserer laufend steigenden Zahl von Benefizanten. Nun wird’s in ein paar Tagen zum Krieg kommen. Schreckliches wird passieren – und die Folgen sind noch unabsehbar. Hier in der Stadt sind viele Schaufenster durch Notvermauerungen geschlossen. Medikamente gibt’s so gut wie nicht mehr.“ 1993 verliess er Ciriri schweren Herzens und zog nach Monaco.

© UNICEF – Gustav Rau bei einem Besuch in Afrika Anfang der 1970er Jahre.